Ein kleiner Junge und seine Freunde hatten einen Traum: Sie wollten Fußball spielen. Jeden Tag, jede freie Minute, so oft wie möglich. Sie wollten sich wie die großen Stars fühlen und bauten sich ihr eigenes kleines Stadion. Die Siebenjährigen eiferten den großen Legenden nach. Zidane und Schweinsteiger, wie es auf den Trikots stand, spielten in den Köpfen der Kinder immer mit. So wollten sie auch sein. Fußball sollte ihr Leben bestimmen, das wollten sie ein Leben lang machen. Aber nicht auf ihrem selbstgebauten Fußballplatz, nein. Sie wollten bis ganz nach oben. In die großen Stadien dieser Welt. Die Fans sollten ihnen zujubeln. Sie sollten Trikots tragen. Nicht mit Zidane oder Schweinsteiger auf dem Rücken, sondern mit ihren eigenen Namen.

Die Kinder träumten alle davon: Sie wollten Fußballprofi werden. So, wie es sich fast jeder siebenjährige Junge wünscht. Für einen der Freunde ging dieser Traum einige Jahre später in Erfüllung. Er hat es geschafft. Er darf auflaufen in Europas schönsten Stadien. Ihn verehren kleine und große Fans, sie tragen seinen Namen auf ihrem Trikot.
Joshua Kimmich ist innerhalb kürzester Zeit zu einem der unentbehrlichsten deutschen Fußballer geworden.
„Believe in yourself“. Dieses Motto begleitet ihn schon ein Leben lang. Als er in der Nähe von Stuttgart aufwächst, lebt er das typische Leben eines siebenjährigen Kindes. Raus auf den Fußballplatz, jeden Tag! Es dauerte nicht lange, bis sich das Talent herumgesprochen hatte. Joshua Kimmich geht den klassischen Weg der Fußballausbildung, als der VfB Stuttgart sich das Juwel 2007 angelt. Mit zwölf Jahren beginnt nun also der Weg zum Profi. Ein steinerner, das wusste der Teenager. Viele Spieler schaffen es nicht vom Jugendspieler zum Profil.
„Believe in yourself“. Nur so, wusste der Zwölfjährige, kann er es schaffen.

Der Durchmarsch von der Jugend bis hin zum Stammspieler in der A-Mannschaft, das war das, was sich alle Nachwuchskicker des VfB wünschten. Auch Joshua Kimmich. Mit 18 aber liegen auf dem sonst so freien Weg plötzlich Steine. Stuttgart entschied: Du bist nicht gut genug, die körperliche Konstitution reicht nicht. Er durfte nicht zur zweiten Mannschaft und wusste: Das ist nicht das, wonach ich strebe. Ich will mehr. Und auch Ralf Rangnick wollte mehr. Er wollte Kimmich zu RB Leipzig holen. Im Sommer 2013 also ging es für den gerade volljährig gewordenen Jungstar nach Sachsen. Allein. Raus aus der Komfortzone, weit weg von Freunden und Familie. Kein leichter Schritt, aber er wusste: „Believe in yourself“.

Mit 18 Jahren wechselt Kimmich zu RB Leipzig.

Der Traum vom Profi beginnt in Leipzig. © Imago

Vom Teenager zum Weltstar in nur vier Jahren

 

Heute, nur fünf Jahre später, wird Kimmich in einem Satz mit Marcelo, Dani Alves oder Philipp Lahm genannt. Ist 55 Millionen Euro wert und damit der fünft teuerste Feldspieler der DFB-Elf. Ist dreimaliger Deutscher Meister mit einer absoluten Stammplatzgarantie. Sowohl beim FC Bayern als auch im Nationalteam ist Kimmich gesetzt, ein Spieler seiner Klasse ist nur schwer zu finden. Worauf basiert sein Erfolg? Mit 23 Jahren ruft Kimmich konstant gute Leistungen ab. Spielt, als wäre er schon jahrelang im Kreis der Arrivierten dabei. Nicht viele Spieler in seinem Alter strahlen seine Souveränität aus. Seine absolute Siegermentalität hat er bereits als Kind verinnerlicht: Er kann absolut nicht verlieren. Duelliert er sich mit Freunden in anderen Sportarten, braucht er immer einen Wettkampfcharakter. Wo wäre er bei dieser Denkweise besser aufgehoben, als beim FC Bayern?

Nach seinem Wechsel zu RB Leipzig steigt Kimmich gleich im ersten Jahr auf. Die zweite Mannschaft des VfB, zu der er nicht durfte, spielte in der dritten Liga, er selbst darf 2014 eine Klasse höher antreten. Nach der Rückrunde bekommt Kimmich einen Anruf. Sein Berater will ihm von einem Angebot erzählen. Einem Angebot des FC Bayern München, dort, wo Pep Guardiola Trainer ist und Kimmich unbedingt verpflichten möchte. Zu schlecht für die zweite Mannschaft des VfB, ein Jahr dritte und ein halbes Jahr zweite Liga. Und dann ruft der FC Bayern an? Ja, dann rief der FC Bayern an. Wenig später sitzt Joshua Kimmich mit Pep zusammen. Ein Szenario, dass sich der damals 19-Jährige nicht im Traum ausgemalt hatte. Damals mit sieben Jahren auf dem Bolzplatz vielleicht, aber nicht jetzt, kurz nach dem Start seiner Profikarriere. Mit 20 Jahren kommt er an beim deutschen Rekordmeister. Spielt mit Weltmeistern und Champions League Siegern zusammen. Darf von Spielern wie Xabi Alonso, Manuel Neuer, Thomas Müller oder Arjen Robben lernen. Und das alles unter Pep Guardiola, einem der besten Trainer der Welt. Als Mittelfeldspieler ist es beim FC Bayern nicht immer einfach, die Konkurrenz ist immens. Zum Zug kommen viele junge Spieler erst, wenn sich die Stammkräfte verletzen. Auch bei den Bayern passierte das. In der entscheidenden Phase der Saison fallen Leistungsträger verletzt aus, sodass Kimmich aushelfen muss. Der Unterschied: Kimmich ist plötzlich Innenverteidiger. Mit 1,76m und 72kg sollte er das Abwehrzentrum schützen. Etwas, das er vorher noch nie gemacht hat. Im Gegenteil, in jungen Jahren schoss er die Tore anstatt sie zu verhindern. Aber Pep macht etwas. Pep vertraut Joshua. Pep vertraut ihm so sehr, dass er über sich hinauswachsen kann und die ungewohnte Position mit Bravour bekleidet. Believe in yourself. Und Kimmich glaubt an sich. In der Champions League muss er gegen Morata, Mandzukic und Cuadrado bestehen. Und er besteht glänzend. Im Pokalfinale gegen Dortmund kann Pep Guardiola auf zwei gelernte, wieder genesene Innenverteidiger zurückgreifen, aber er macht es nicht. Er vertraut wieder auf Kimmich. Und wieder zahlt sich das Vertrauen aus. Im Elferschießen vergibt er und lernt daraus, deutscher Pokalsieger mit den Bayern wird er trotz seines vergebenen Elfers. Nach dem Sieg im DFB-Pokal darf er mit zur Europameisterschaft. Nach nur einem einzigen Einsatz zuvor steht er ab dem dritten Gruppenspiel auf dem Rasen und überzeugt als Rechtsverteidiger. Im Viertelfinale gegen Italien wartet dann wohl die größte Prüfung seiner noch jungen Karriere auf ihn. Gegen den Angstgegner geht es ins Elfmeterschießen, nach den ersten fünf Schützen steht es Unentschieden. Der Druck, der an diesem Abend auf den deutschen Spielern liegt, ist groß. Die Italiener kommen zuerst, Jogis Jungs müssen immer nachziehen. Und dann ist Kimmich an der Reihe, der weiß: Verschieße ich wie gegen Dortmund, sind wir raus. Dann haben wir wieder einmal gegen Italien verloren, und ich als Fehlschütze bleibe in Erinnerung. Believe in yourself. Und hau ihn einfach rein. Und er macht genau das. Steht Gianluigi Buffon, einem der besten Torhüter aller Zeiten, gegenüber, und haut ihn einfach rein. Die DFB-Elf gewinnt am Ende und der Italienfluch war besiegt.

 

Kimmich eilt im Verein von Erfolg zu Erfolg und glänzt auch im Nationalteam.

Double mit dem FC Bayern, EM 2016. Eine beeindruckende Saison. © Imago

Niederlagen tun weh, aber sie bringen dich weiter

 

Gewinnt das Halbfinale, nicht aber das Turnier. Eine Niederlage, die Kimmich weh tut, denn verlieren ist immer gleich schlimm. Verlieren lernen wird er nie, mit dem Verlieren umgehen aber lernt er beim FC Bayern. Pep Guardiola, für den er wie ein Sohn war, verlässt die Bayern im Sommer 2016. Kimmich bekommt mit Carlo Ancelotti einen neuen Trainer, einen nicht minder erfolgreichen. Die Saison fängt gut an für ihn, wie in Kindertagen schießt er plötzlich auch Tore wie am Fließband. Irgendwann aber werden seine Einsätze weniger, er ist ein Mittelfeldspieler unter vielen. In den wichtigen Champions League Spielen gegen Real Madrid ist er nicht gefragt. Dann verlässt beim FC Bayern eine Klublegende die Bühne. Philipp Lahm beendet seine Karriere und sein Platz als rechter Verteidiger wird frei. Kimmich kann Rechtsverteidiger, nicht erst seit der EM. Und Kimmich wird der neue Rechtsverteidiger. Obwohl es unter Carlo Ancelotti zu Beginn der Saison so gar nicht läuft, macht er seinen Job gut. Als Jupp Heynckes übernimmt, macht er seinen Job besser. Kimmich steigert sich von Spiel zu Spiel und gilt mittlerweile als einer der besten Außenverteidiger der Welt. Und das, obwohl er eigentlich Sechser ist. Seine persönliche Leistung ist ihm wichtig, Titel mit der Mannschaft aber sind wichtiger. Niederlagen tun ihm dann am meisten weh, wenn sie das ganz große Ziel kurz vor dem Erreichen zerstören. Er trifft gleich zweimal gegen Real im Champions League Halbfinale, ist mit dem FC Bayern das engagiertere Team. Trotzdem scheitern sie zusammen. Kimmich weint. Auch das Pokalfinale verliert er. Und wieder weint Kimmich. Verlieren, das wird er nie können. Das will er nie können, denn der Antrieb, der ihn zu Siegen treiben soll, wird immer größer sein. Schon als Kind wollte er als Gewinner den Platz verlassen, und das in jedem einzelnen Spiel. So wie seine Vorbilder Bastian Schweinsteiger und Thomas Rosicky.

Kimmich hat an Niederlagen zu knabbern.

Verlieren lernen. © Imago

Diesen Siegeswillen braucht er auch jetzt, wo er seine erste WM spielt. Nach den Enttäuschungen der verlorenen KO-Spiele strebt er nun erst recht nach einer Wiedergutmachung. Als dreifacher Meister mit 23 Jahren Stammspieler bei der WM sein? Davon werden alle Siebenjährigen in seiner Heimatstadt Bösingen heute träumen. So, wie er damals davon geträumt hat. Er wollte, dass Zehntausende im Stadion seinen Namen schreien und hat sich vorgestellt, wie die Menschen mit seinen Trikots auf der Tribüne stehen. Er hat genau das erreicht. Und kann jetzt auch noch Weltmeister werden. Es ist ein langer Weg bis ins Finale nach Moskau, es wird gegen die Besten der Welt gehen. Aber Kimmich weiß: Wenn alle an sich glauben, wird der Traum wahr. Believe in yourself. Und dann werden Hunderttausende Menschen den Titel feiern, viele davon mit seinem Namen auf dem Rücken.

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