Wenn die besten Nationen der Welt gegeneinander spielen und jeder sein Bestes gibt. Wenn ein Tor mehr ist, als nur ein Tor und jeder Sieg sich besonders anfühlt. Wenn Gegner verzweifeln und Mitspieler staunen. Wenn die Masse nach Paraden tobt und die Stürmer nicht mehr weiterwissen. Wenn das Tor wie vernagelt scheint und jeder weiß: Da kommt kein Ball durch. Dann ist wieder WM. Dann ist nicht nur WM, dann ist WM mit Manuel Neuer.

Dieser Manuel Neuer ist unsere Nummer Eins. Und unsere Nummer Eins freut sich wie verrückt auf sein drittes Turnier. Lange musste er kämpfen und bangen, ob es nach seiner schweren Verletzung reicht. Aber die Mühen haben sich gelohnt. Unser Kapitän hat es geschafft und brennt darauf, den WM-Titel zu verteidigen.
Acht Monate, bevor der WM-Kader bekanntgegeben wird, bricht sich Neuer den Mittelfuß. Obwohl es bereits der zweite Bruch innerhalb kürzester Zeit ist, denkt niemand daran, dass der beste Torwart der Welt die WM verpassen könnte. Als er den Jahreswechsel noch immer auf Krücken verbringt, befürchten die ersten eine WM ohne ihn. Geplante Comebacks verzögern sich ein ums andere Mal. Bald weiß nicht einmal mehr Manuel Neuer selbst, wann er wieder Fußballspielen kann. Er muss seinem Körper die Zeit geben, die er braucht. Neuer tut sich schwer, einfach nur abwarten zu müssen.

Er verbringt die Zeit im Kraftraum und sieht seine Kollegen draußen auf dem Trainingsplatz. Genau hier will er wieder hin. Die Fußballschuhe schnüren, die Tore an ihren Platz schieben, sich jedem Ball entgegenwerfen. Jeden Tag rückt dieser Wunsch näher. Sein Stellvertreter Sven Ulreich beginnt mit dem Trainerwechsel, fulminant zu halten. Trainer, Mannschaft und Fans freuen sich für Ulreich. Am meisten aber freut sich Neuer über Ulles Leistungen. Manuel Neuer ist nicht nur Ehrgeiz, Manuel Neuer ist Herz und Leidenschaft. Ein Teamplayer, menschlich genauso stark, wie auf dem Platz. Er will, dass seine Bayern erfolgreich sind. Dass sie die Fans begeistern und ihre Träume verwirklichen. Und das geht nur, wenn der Fokus auf dem Team liegt. Neuer lebt die Werte des Sports, nicht umsonst ist er eine fußballerische und menschliche Galionsfigur. Er unterstützt Ulreich und zeigt, dass er weiß, was im Leben zählt. Aber er ist auch Profi. Und jeder Profi leidet, wenn er nicht selbst ins Geschehen eingreifen kann. Er will der Mannschaft helfen, will ihr Kraft geben und da sein, wenn es Rückschläge zu verkraften gibt. Er steht nicht auf dem Feld und trotzdem gelingt ihm dieser Support. Er ist Teil der Mannschaft. Und die Mannschaft spürt das. Er wird noch motivierter, zielstrebiger, stärker.

Auf dem Weg zum besten Torhüter der Welt

Ein Manuel Neuer fehlt jedem Team der Welt. Nicht nur als Torwart, sondern auch als Persönlichkeit. Vor allem als Persönlichkeit. Denn Manuel Neuer ist mehr als nur der Weltbeste zwischen den Pfosten. Er ist Vorbild, Führungsspieler, Motivator und Bezugsperson. Er lernt früh, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Ein 20-jähriger Nachwuchsmann steht 2006 plötzlich auf Schalke im Tor. Von jetzt auf gleich muss er sich beweisen. Vor über 60.000 Menschen, die seinen Namen schreien, muss er cool bleiben. Vertraut die Mannschaft ihrem Torhüter, kann sie ihre Spielweise entfalten. Für Neuer ist das Profidebüt etwas ganz Besonderes. Das ist es für jeden jungen Spieler, für ihn aber spielen große Emotionen mit. Schalke ist seine Heimat. Hier wurde er geboren, hat S04 lieben und leben gelernt. Ein Eigengewächs, das den Verein mit jeder Faser verinnerlicht? Ein Triumpf für die Schalker Fans. Sie glauben an ihren jungen Keeper und verehren ihn. Er ist einer von ihnen. Umso stolzer sind sie, dass einer von ihnen 2010 für Deutschland im Tor steht. Er spielt seine erste WM und überzeugt alle. Schalker, Dortmunder, Bayern.

Manuel Neuer wird bei Schalke zur Weltklasse.

Große Fußball-Abende mit seinem Jugendverein Schalke 04. ©Imago

Irgendwann aber sickert die Nachricht durch, dass Neuer bald nicht mehr einer von ihnen sein würde. Schalker Spieler dürfen wechseln. Aber bitte nicht nach Dortmund oder München. Doch ihr Idol macht genau das. Schließt sich dem FC Bayern an.
Der Abschied fällt Neuer sehr schwer. Er verlässt nicht nur seinen Verein, er verlässt seine Heimat. Er weint, als er verkündet, nicht in Gelsenkirchen zu bleiben. S04 ist für ihn Familie. Und diese Familie ist plötzlich wütend auf ihn.
Seine neue Familie in München braucht ein bisschen, bis sie ihn in ihr Herz schließt. Einige wollen ihn nicht haben, er hat Schalke einfach zu sehr im Blut. Es dauert nicht lange, bis die anfängliche Skepsis verfliegt. Manuel Neuer kommt als sehr guter Torhüter nach München und wird dort zu einer Legende. Große Siege bringen große Spieler hervor, große Niederlagen aber formen die ganz Großen des Sports, die Helden. Und Neuer wird ein Held. Er verliert 2012 alle möglichen Titel kurz vor dem Ziel, ist am Boden wie seine Teamkollegen auch. Zusammen stehen sie wieder auf. Zusammen gewinnen sie 2013 die Champions League. Zusammen wissen sie: Unsere Abwehr stand sensationell. Unser Mittelfeld hat großartige Chancen erspielt. Unser Sturm hat wunderschöne Tore erzielt. Unser Torhüter aber hat diesen großen Sieg erst möglich gemacht.

Neuer gewinnt 2013 alle Titel.

2012 alles verloren, 2013 alles gewonnen. © Imago

Tränen in Rio

Ein Jahr nach dem Gewinn der Champions League wartet die Krönung. Es ist WM, und diesmal will er nicht im Halbfinale ausscheiden. Das Geheimnis der WM 2014: Deutschland hat keinen klaren Star. Deutschland hat einen unglaublichen Zusammenhalt. Einen Zusammenhalt, in dem Manuel Neuer als herausragender Teamplayer eine Hauptrolle spielt. Er spricht mit seinen Mitspielern, ermutigt sie, baut sie auf und hilft. Jogi weiß: Er ist nicht nur meine Nummer Eins, er ist unersetzlich. Vorne stellt Klose einen Rekord auf und Müller trifft wie er will, in der Mitte sichern Kroos und Schweinsteiger ab, hinten steht das Duo Hummels/Boateng sattelfest. Und ganz hinten hat Deutschland seinen Welttorhüter.

Bei diesem Turnier zeigt Neuer nicht das, was man von ihm erwartet hat. Er zeigt viel mehr. Dinge, die vor ihm noch kein Torhüter gemacht hat. Er ist letzter Mann und Keeper in einem. Seine Abwürfe gleichen Flanken und sorgen für größte Gefahr. Sobald ein Ball auch nur in seine Nähe kommt, ist er vor dem Stürmer dran. Auf der Linie lassen seine Reflexe die Angreifer verzweifeln. Manuel Neuer gelingt bei dieser WM alles. Er zeigt ein Torwartspiel, das es so noch nie gab. Er liest das Spiel, erkennt Chancen und Gefahren sofort und spielt technisch überragend mit. Andere Nationen würden sich einen Sechser mit seinen Qualitäten wünschen. Für Deutschland ist das Turnier am späten Abend des 13. Juli vorbei. Und Manuel Neuer weint. Weint vor Glück, weil er auf dem Olymp des Fußballs angekommen ist. Deutschland wird Weltmeister und spätestens jetzt ist jedem klar: Dieser Neuer ist wirklich der beste Torhüter der Welt.

Neuer überragt beim WM-Titel 2014.

Welttorhüter wird endlich auch Weltmeister. © Imago

Er wird Welttorhüter. Nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal. Viermal in Folge sichert er sich diese Auszeichnung.
Manuel Neuer hat alles gewonnen, als ihm der Mittelfuß im September 2017 erneut bricht. Nicht wenige fordern: Die WM 2018 soll ein anderer spielen, Neuer sei nicht fit genug. Auch er selbst zweifelt am Ende daran, ob ihm sein Körper diese Chance noch geben wird. Mit Marc-Andre ter Stegen stünde ein Keeper bereit, der beim FC Barcelona als „Messi mit Handschuhen“ verehrt wird. Und dieser Keeper ist zweifelsfrei ein Mann von Format, ein Mann der Weltklasse. Für Joachim Löw aber steht fest: Mein Kapitän ist dabei, wenn er fit ist. Sportlich mag man den Capt‘n vielleicht ersetzen können, Neuers Persönlichkeit und Ausstrahlung aber sind unübertroffen. Läuft ein Gegner auf ihn zu, sieht er nicht nur einen guten Torhüter vor sich. Er sieht einen nahezu Unüberwindbaren, der genau das ausstrahlt. Er hat das Wort in der Mannschaft und hält sie zusammen.

Der Stürmer weiß: Da steht Manuel Neuer im Tor, mit großer Wahrscheinlichkeit kann er meinen Schuss sowieso parieren. Und genau diesen Rückhalt verspricht er auch bei der Mission Titelverteidigung. Der Fuß hält. Er hat das Vertrauen der Trainer, der Mannschaft und der Fußballnation Deutschland. Neuer hat alles erlebt. Als Kind hat er den großen Traum, eines Tages Profi zu werden. Er will ein guter Torhüter werden, der seiner Mannschaft hilft. Ein guter Torhüter ist nicht aus ihm geworden. Sondern ein Torhüter, der besser ist, als all die anderen. Als Kapitän geht er voran und zieht die Mitspieler mit.

Die lange Leidenszeit hat er erfolgreich hinter sich gebracht, jetzt wartet die Belohnung. Eine Belohnung, von der auch ganz Fußball-Deutschland etwas hat. Manuel Neuers Vorfreude auf die WM teilt er mit der ganzen Welt. Wir freuen uns auf Tore, er freut sich darauf, sie zu verhindern. Er hat wieder Hunger. Er will in Russland da weitermachen, wo er in Rio aufgehört hat. Wenn unsere Kinder später einmal fragen, wieso wir denn gleich zweimal hintereinander Weltmeister geworden sind, wird es nur eine Antwort geben: Weil wir Manuel Neuer hatten und die anderen nicht.

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