Der stille Weltstar

By Champions League, Der stille Weltstar, International, News, Transfernews, WM-HeldenNo Comments

Es ist das Größte, was ein fußballbegeisterter Junge im Alter von vier Jahren erleben darf. Mit den großen Idolen vor 50.000 Menschen in ein beleuchtetes Stadion einlaufen und hautnah dabei zu sein, wenn die besten Fußballer der Welt gegeneinander spielen. Leon Kroos strahlte über das ganze Gesicht, als er genau das durfte. An der Hand seines Papas Toni genoss der Vierjährige seinen großen Moment, den er vermutlich nie wieder vergessen wird. Zum allerersten Mal durfte er im März 2018 neben seinem berühmten Papa ins Stadion laufen. Als Sohn eines Fußballers weiß er, wie es sich anfühlt, ganz nah dabei zu sein. Vor so vielen Menschen aber hat selbst Leon noch kein Spielfeld betreten.
Leon kennt das Gefühl, mit seinem Papa auf dem Rasen zu stehen. 2017 verlor der FC Bayern im Bernabeu gen das von Kroos dirigierte Real Madrid und schied aus der Champions League aus. Leon, damals drei Jahre alt, spielt nach dem Schlusspfiff mit Toni Fußball und wird von den Fans der Münchner gefeiert. Gerade aus der Champions League ausgeschieden, freuen sich die Anhänger mit dem stolzen Jungen.

Ein Fußballer ist heute nicht mehr nur ein Sportler, der für seinen Sport lebt. Ein Fußballer ist heute auch Vorbild. Vorbild, nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb. Viele machen modisch auf sich aufmerksam, zeigen stolz ihren millionenschweren Fuhrpark, jetten um die Welt oder provozieren mit ihrem luxuriösen Lifestyle. Und dann gibt es Toni Kroos. Den Weltstar, der als solcher nur fußballerisch erkannt wird. Den absoluten Weltstar, der anders ist, als viele seiner berühmten Kollegen. Den Weltstar, der still und heimlich zu einem der besten Fußballer geworden ist, die Deutschland jemals hatte.
Im Südwesten von Madrid geben sich Fotografen und Journalisten die Klinke in die Hand. Hier wohnt Cristiano Ronaldo, kein Fußballer auf der ganzen Welt wird häufiger fotografiert und zieht mehr Menschen in seinen Bann, positiv wie negativ. Neben ihm wohnt Toni Kroos. So viel Trubel, wie es beim Nachbarn tag täglich gibt, herrscht vor seinem Anwesen nicht. Eine Verteilung, die Kroos ganz Recht ist. Mit Sohn Leon, dessen Schwester Amelie und Frau Jessica lebt er so, wie er auf dem Platz spielt: Ruhig und extrem effektiv. Kroos begeistert sich für Tennis und Basketball, liebt seine Hunde und reist für seine Stiftung regelmäßig in die deutsche Heimat, um Kindern zu helfen.

Kroos wird von Mitspielern und Fans geschätzt.

Angekommen im Kreise der Königlichen. © Imago

Shootingstar – Star – Weltstar

 

Nebenbei spielt Kroos Fußball. Im Star-Ensemble von Real Madrid, dem wohl größten Club der Welt, ist er seit vielen Jahren gesetzt. Ein Status, der nicht vielen Spielern bei den Königlichen gewährt wurde. Aber Kroos zieht die Spanier in seinen Bann. Mit den gleichen Eigenschaften, die ihn auch abseits des Platzes auszeichnen. Mit Ruhe, Geschick und Leistungsbereitschaft lenkt er das Spiel von Real und schafft dabei den Spagat aus Defensive und Offensive. Wenn andere Spieler den offensiven Part übernehmen, fällt Kroos kaum auf. Er zieht die Fäden im Hintergrund und spielt im richtigen Moment diesen einen Pass, der den Spielstand verändert. Mit dem FC Bayern gewinnt er 2013 das Triple, doch so richtig wahrgenommen wird er damals noch nicht. Für die Bosse ist er noch zu inkonstant und unauffällig. Dass er im Champions League Finale 2012, im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea, nicht im Elfmeterschießen antreten wollte, nehmen ihm bis heute manche Bayernfans übel. Bayern München und Toni Kroos war eine solide Beziehung, die große Liebe aber entstand von beiden Seiten aus nicht.

Dennoch reift Kroos beim deutschen Rekordmeister zu einem Star, der sich schleichend zu einem Weltstar entwickelt. 2014 feiert er im Maracana den WM-Triumpf und weiß: In wenigen Wochen heuere ich bei Real Madrid an, dann ist das Leben in der Komfortzone wohl endgültig vorbei. Die Konkurrenz bei den Königlichen ist immens, der damals 24-Jährige kann sich eines unumstrittenen Stammplatzes nicht zwingend sicher sein. Aber Kroos schlägt sofort ein und lässt keine Zweifel an ihm aufkommen: Hier will er spielen und alles gewinnen, hier will er reifen und sich verbessern, hier will er vor allem eines: Ein Führungsspieler werden. Einer, der nicht nur schweigt, sondern auch einmal kritisiert und auf sich aufmerksam macht, wenn es sein muss. Jemand, der für sein Team eintritt. Kroos wird in Madrid zu einem Spieler, den man sich auch beim FC Bayern gewünscht hatte. Die Führungspersönlichkeit steckt schon länger in ihm, doch er hat sich Zeit genommen, um sie nach außen zu tragen. Für sich und seinen Verein Real Madrid. Aus dem schüchtern wirkenden Spieler, der sich gerne hinter seinen Mitspielern versteckte während der Partie, ist ein Mann geworden. Einer, der auf dem Platz Zeichen setzt. Einer, der sich sein Standing im Team erarbeitet hat. Einer, der keine Konfrontationen mehr scheut und nach Niederlagen noch stärker zurückkommt.

Genau diesen Toni Kroos schätzt man nicht nur bei Real Madrid, sondern auch bei der Deutschen Nationalmannschaft. Mit ihm steht und fällt das Spiel der DFB-Elf. Kroos weiß, welchem Spiel welcher Stempel aufgedrückt werden muss. Wann er als defensiver und wann als offensiver Akteur gebraucht wird, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen. Sein Ansehen bei der DFB-Elf ist gleichauf mit dem des Kapitäns, Manuel Neuer. So darf es sich ein Toni Kroos auch erlauben, die eigenen Mitspieler zu kritisieren. Im März 2018 verliert Deutschland ein Testspiel gegen Brasilien. Es geht um nichts, und doch um viel. Vor der WM testet Joachim Löw auf verschiedenen Positionen, die ausgewählten Kandidaten aber geben laut Kroos nicht genug. Der Madrilene spricht offen aus, was viele denken. Junge Spieler müssen ihre Chance im DFB-Trikot zu 100% nutzen, kämpfen und den unbedingten Willen zeigen, mit nach Russland zu fahren. Gegen Brasilien, sagt Kroos ohne Umschweife, haben die Spieler nicht gezeigt, dass sie wollen, weder fußballerisch noch mental. Vor nur wenigen Jahren schien es undenkbar, dass sich ein Toni Kroos einmal so äußern würde. Er ist in seine Aufgabe hineingewachsen und zu einer großen Persönlichkeit gereift, auf und neben dem Platz. Der Familienvater weiß, was im Leben zählt. Er verstellt sich nicht und greift Themen auf, über die andere gerne hinwegsehen. Mit nur 25 Jahren gründete er seine Stiftung, die sich um behinderte Kinder und deren Familien kümmert. Seine Stiftung ermöglicht den kranken Kindern ein halbwegs normales Leben und sorgt für finanzielle Unterstützung. Toni Kroos ist oft live vor Ort und besucht seine Schützlinge. Regelmäßig berichtet er seinen Fans davon auf seinem Instagram-Kanal und zeigt, wie sehr ihm diese Kinder am Herzen liegen. Der Fußballer geht voran, weiß, was ihm wichtig ist und ist der Mensch geblieben, den man auch vor der großen Weltkarriere angetroffen hat. Die Verantwortung für seine Mannschaft, seine Fans, seine sozialen Projekte und natürlich seine Familie lebt er und geht mittlerweile in der Rolle als Chef auf.

Beim FC Bayern spielt Kroos solide Jahre.

Toni Kroos beim FC Bayern. Gut, aber noch nicht gut genug. © Imago

Perfektioniert als Spieler, gereift als Mensch

 

Toni Kroos ist nicht nur Fußballer, Toni Kroos ist auch ein Mann klarer Worte. Er ist nicht nur fußballerisches Vorbild, sondern auch eine Person des öffentlichen Lebens. Er scheut das Rampenlicht nicht, und doch ist er froh, wenn die Auftritte wieder vorbei sind. Der Grat zwischen einem Social Media Star und einem professionellen Sportler ist ein schmaler geworden und Kroos bewegt sich mit Bravour zwischen den Gefilden. Fast 17 Millionen Menschen folgen ihm auf Instagram, das ist fast doppelt so viel, wie Manuel Neuer vorzuweisen hat. Der Mittelfeldstar ist der international berühmteste Spieler des deutschen Kaders. Vom unsicheren Toni, der als 17-Jähriger beim FC Bayern debütierte, ist nicht mehr viel übrig. Tattoos zieren seine Arme und elegante Outfits schmücken seine Fotos in den sozialen Medien. Und doch ist er anders als viele seiner schillernden Kollegen, die nur zu gerne zeigen, was sie mit ihrem Geld machen. Kroos hält sich im Hintergrund, aber er versteckt sich nicht. Er sagt offen und ehrlich seine Meinung, aber er bleibt sachlich und provoziert nicht. Er zeigt Einblicke in sein Privatleben, aber er überlegt mit Bedacht, was er preisgibt. Toni Kroos weiß, was er will und wohin er will. Anerkennung, Titel und Triumpfe haben ihn auf ein anderes Level gehoben, Tränen und Niederlagen haben ihn erst zu dem Spieler gemacht, den wir heute bewundern dürfen. Dem Spieler, der das Mittelfeld in Russland zur Titelverteidigung führen soll. Mit 28 Jahren hat Kroos alles gewonnen, was es im Weltfußball zu gewinnen gibt, die Champions League gar schon vier Mal. Die Verteidigung des WM-Titels wäre die Krönung.

Wenn am 15. Juli in Moskau das Finale abgepfiffen wird, könnte es sich wiederholen, was dem kleinen Leon schon vor einem Jahr so viel Spaß gemacht hat. Er könnte wieder zu Papa auf den Rasen laufen und sich mit ihm zusammen über einen großen Sieg freuen. Den größten Sieg, den ein Nationalspieler erringen kann. Und wenn er dann wieder zum Schuss aufs Tor ansetzt, werden ihm noch viel mehr Fans zujubeln, als damals in Madrid. Ein Anblick, der Toni Kroos so viel mehr bedeuten würde, als der erneute WM-Titel. Streben wird er nach beidem.

Toni Kroos feiert den WM-Titel 2014.

Fußballolymp. Weltmeister. © Imago

[divider line_type=”No Line” custom_height=”20″]
[recent_posts style=”classic_enhanced” color_scheme=”light” category=”die-zweite-nummer-eins,endlich,erstklassig,kometenhafter-aufstieg,musterprofi,raketenstart,stilsicher,welttorhueter,wenn-die-wm-endlich-losgeht” columns=”3″ order=”DESC” orderby=”rand” posts_per_page=”3″ post_offset=”3″]
[nectar_btn size=”large” button_style=”see-through-2″ hover_text_color_override=”#ffffff” icon_family=”none” text=”Weitere Artikel” url=”https://fussballhelden.de/wm-helden/”]